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Die Hüte liegen im Ring
Die Anrufe kamen überraschend. Unabhängig vonein- ander meldeten sich in den vergangenen Tagen gleich zwei Kaufinteressenten für das Arterner Altenheim bei "Thüringer Allgemeine", um ihr Unverständnis über die Vorgehensweise der Stadtverwaltung zu äußern. Beide meinten, sie hätten schon vor einiger Zeit ein Kaufgebot für das Altenheim abgegeben und würden nun auf eine Entscheidung der Stadt warten. Den Anfang machte Rolf Haufs aus Hamburg. Er stellte sich als Seniorchef einer Unternehmensberatung vor und bedankte sich gleich zu Anfang beim CDU-Fraktionschef Jens Krautwurst, der ihm bei der Stadt viele Türen geöffnet hätte. Haufs gab an, er habe bereits in der vergangenen Woche ein konkretes Kaufangebot bei der Stadt eingereicht. Der von ihm offerierte Kaufpreis habe "deutlich über 400 000 Euro" gelegen. Mehr sei nicht möglich gewesen, weil seine Firma vorhabe, das Altenheim auf eigene Kosten an den Abwasserkanal am Salzdamm in Artern anzuschließen. "Bislang gibt es da unten nur eine Klärgrube, die regelmäßig entlüftet wird. Mit Blick auf die Bewohner ein unhaltbarer Zustand", so Haufs. Er will nach eigenen Angaben nicht nur alle Mitarbeiter übernehmen, sondern auch rund 3,3 Millionen Euro am Standort investieren. Haufs verspricht sich Synergieeffekte, hat er doch unlängst in Bad Frankenhausen die Angerschule erworben und will sie nun zügig zu einer Anlage für betreutes Wohnen umbauen. In Artern sollen seinen Plänen zu Folge zunächst der Saal, die Bibliothek und die Garagen abgerissen werden, anschließend dort neu gebaut werden. Wenn dieser Bau fertig ist,plant Haufs, die bisherigen Bewohner des Heimes dorthin umzusiedeln und die ehemalige SED-Kreisleitung abzureißen. Auch dort soll neu gebaut werden. Weiteren Zukauf von Flächen schloss Haufs nicht aus. Bei der Entscheidung für oder gegen das Angebot von Haufs wird auch die Seriosität des Bieters entscheidend sein, ist durch den Stadtrat zu prüfen, wie ernst es Haufs mit seinem Engagement ist. Aus Bad Frankenhausen war zu hören, dass er den Kaufpreis für die Angerschule bis heute nicht überwiesen hat - Zahlungsziel war der 30. Mai. Auf einer schwarzen Liste unter www.wirtschaftsfahndung.de findet sich der Name Rolf Haufs aus Hamburg. Dabei ist unklar, ob es sich um die selbe Person handelt, da Haufs gestern nicht telefonisch zu erreichen war und dazu keine Stellung nehmen konnte. Auf alle Fälle forderte er eine zügige Entscheidung des Stadtrates. Auf die wartet Michael Schramme, Chef der Gesellschaft für Arbeitsförderung (GAF) aus Köthen in Sachsen-Anhalt, seit langem vergebens. Bereits im Februar habe seine Firma ein konkretes Kaufangebot bei Bürgermeister Wolfgang Koenen (PDS) abgegeben, so Schramme. Seitdem werde er immer wieder vertröstet, habe erst Anfang dieser Woche aus der "Thüringer Allgemeine" erfahren, dass noch mit anderen Interessenten verhandelt wird. "Ich bin schon enttäuscht, das ist eindeutig Vertrauensbruch", sagte er gestern. Seit einem Dreivierteljahr verhandele er mit der Stadt, habe immer wieder gefragt, woran es klemmt, um beim Angebot eventuell nachbessern zu können. "Ich hatte das Gefühl, Herr Krautwurst hat die Verhandlungen immer wieder gebremst", so Schramme weiter. Bis heute sei ihm nicht mitgeteilt worden, warum monatelang nicht über sein Angebot entschieden wurde. Dabei sei er der Stadt weitgehend entgegen gekommen. Er habe mehrfach offeriert, mit den Mitarbeitern zu sprechen, um denen ihre Sorgen zu nehmen, Kooperationen bei der Finanzierung von Sportvereinen angeboten, so Schramme. Statt dessen sei er nur sehr schleppend über die Fakten im Altenheim informiert worden, habe die verschiedenen Unregelmäßigkeiten den Mitarbeitern aus der Nase ziehen müssen. Warum er dennoch Interesse habe? "Uns ist die Situation des Heimes klar, deswegen können wir auch keinesfalls die Summe von rund 400 000 Euro bieten, die im Gespräch sind", so der Geschäftsführer. Dadurch, dass jahrelang versäumt wurde, die Pflegesatzverhandlungen kontinuierlich zu führen, sei es schwierig, mit dem Arterner Heim schnell wirtschaftlich zu arbeiten. Auch verschiedene interne und externe Dienstleistungen hätten längst angeboten werden müssen, um die Ertragslage im Heim zu verbessern. Auch er gab an, schnellstmöglich die Kapazität des Heimes erweitern zu wollen. Während Haufs davon sprach, 35 zusätzliche Plätze im Altersheim und zehn bis zwölf barrierefreie Wohnungen errichten zu wollen, erklärte Schramme, seine Firma plane, durch den Ausbau von Saal und Bibliothek auf insgesamt gut 60 Heimplätze zu kommen. Das alte Gebäude solle auf alle Fälle erhalten werden, die Mitarbeiter werde man übernehmen - "allerdings nicht mehr mit den Gehältern, die heute gezahlt werden." Die GAF betreibe bereits in Köthen eine Berufsfachschule, wolle in Artern das Heim dauerhaft betreiben. Allerdings sei auch ihre Geduld irgendwann erschöpft, so Schramme weiter. "Langsam drohen Leute, die mit investieren wollten, abzuspringen." Zuerst habe es geheißen, man könne das Heim zum 1. Januar übernehmen, dann sei der 1. Juni genannt worden. Nachdem nun auch der Termin "noch vor den Kommunalwahlen" verstrichen sei, falle es zunehmend schwer, andere Investitionen zu blockieren, weil in Artern immer noch nicht entschieden werde. Er halte sein Gebot weiter aufrecht, könne aber nicht versprechen, dass - falls der Rat sich wirklich im August bequemen sollte, endlich über die Vergabe zu entscheiden - man dann noch alle Versprechungen halten könne. Bürgermeister Wolfgang Koenen (PDS) war gestern nicht für eine Stellungnahme zu erreichen. Daher konnte er auch nicht erklären, warum der Verkaufsbeschluss für das wirtschaftlich angeschlagene Heim so lange verzögert wurde. Sebastian TAUCHNITZ
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